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Rechtsmittel 1

1. Wie kann sich ein Bürger gegen eine kommunale Abgabe wehren ?

Das Grundgesetz räumt jedem, der sich durch eine „öffentliche Gewalt„ in seinen Rechten verletzt fühlt, den Rechtsweg gegen eine derartige Maßnahme ein.

Dies gilt auch für Kommunalabgaben. Dabei richtet sich das Verfahren zur Erhebung kommunaler Abgaben weitgehend nach den Vorschriften der Abgabenordnung.

Für den Rechtsweg gegen derartige Abgabenbescheide sind die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) maßgebend. Sie regeln, unter welchen Voraussetzungen Klagen vor den Verwaltungsgerichten zulässig sind und welche Form- und Fristenerfordernisse beachtet werden müssen.

Im Einzelnen hat der Bürger folgende Rechtsbehelfs- und Antragsmöglichkeiten:

 

1.1. Formloser Rechtsbehelf

Jeder Bürger kann sich mit Bitten und Beschwerden an die zuständigen Stellen wenden. Dieser Rechtsbehelf ist weder form- noch fristgebunden. Er kann bei der Behörde (Kommune, Zweckverband) eingelegt werden, die den Abgabebescheid oder eine Abgabensatzung erlassen oder genehmigt hat.

Die Behörde muß diesen formlosen Rechtsbehelf annehmen und die vom Bürger kritisierte Entscheidung überprüfen. Mit der Gegenvorstellung beantragt der Bürger die Aufhebung oder Änderung der getroffenen Maßnahme (Satzung).

 Die Einlegung eines formlosen Rechtsbehelfs ist keine Voraussetzung für ein förmliches Rechtsbehelfsverfahren (Widerspruch, Klage) und ersetzt ein solches auch nicht.  Wird einem formlosen Rechtsbehelf nicht stattgegeben, so ist gegen diese Ablehnung ein neues förmliches Rechtsbehelfsverfahren nicht möglich.

 

1.2. Widerspruch    Muster für Widerspruch

Hält ein Bürger einen kommunalen Abgabebescheid für falsch oder die Forderung für unberechtigt, hat er die Möglichkeit, innerhalb eines Monates nach Zugang oder Bekanntgabe des Bescheides Widerspruch einzulegen.

Mit dem Widerspruch beginnt das sogenannte Vorverfahren nach § 69 bzw. § 68 VwGO. Vor der Erhebung der Anfechtungsklage sind demnach Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen.

Mit diesem Widerspruch wird eine nochmalige Überprüfung des Bescheides erreicht.  Das Ziel ist die gänzliche oder teilweise Aufhebung des Bescheids. Der Widerspruch ist in der Regel bei der Gemeinde (Zweckverband) einzulegen, deren Behörde (Verwaltung, Geschäftsstelle) den Bescheid erlassen hat.

Der Widerspruch ist schriftlich einzulegen oder bei der entsprechenden Behörde zu Protokoll zu geben. Der Widerspruch ist zu begründen. Die Begründung kann jedoch auch nachgereicht werden. Wird der Widerspruch nicht begründet, ist er trotzdem nicht hinfällig.

Die Behörde ist in jedem Fall verpflichtet, den Bescheid von Amts wegen zu prüfen. Eine Begründung des Widerspruches ist insofern von Vorteil, weil die Behörde hierdurch gezwungen ist, die Begründung zu entkräften.

In dem Abgabebescheid muß in einer Rechtsbehelfsbelehrung angegeben sein, wer der Adressat des Widerspruches ist und in welcher Frist der Widerspruch eingelegt werden kann. Ist die Rechtsbehelfsbelehrung unvollständig, so verlängert sich die Widerspruchsfrist auf ein Jahr.

 Der Widerspruch hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Der Bürger muß also trotzdem den geforderten Betrag bis zum Fälligkeitsdatum zahlen (meist 1 Monat). Diese Zahlungspflicht kann nur dadurch „aufgehoben“ werden, wenn ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wird (siehe Punkt 1.5).

Die Frage der Kostenpflicht und Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren ist unterschiedlich geregelt und sollte deshalb bei der entsprechenden Behörde erfragt werden. Übliche Größen in der Praxis sind Gebühren für die Bearbeitung eines Widerspruches von 30,00 DM bis 150,00 DM.

Die vorsorgliche Erhebung eines Widerspruches gegen einen angekündigten, aber noch nicht ergangenen Bescheid ist unzulässig.

 

Bestandteile der Begründung des Widerspruches können sein:

·       fehlerhafte Angaben aus dem Buchwerk zum Grundstück (Größe und Bebauung),

·       nicht korrekte Angabe des Adressaten (Adressat ist immer der/die Grundstückseigentümer, der/die Erbbauberechtigten oder der/die dinglich Nutzungsberechtigten - bei Familien in der Regel beide Ehepartner; bei mehreren Eigentümern in der Regel alle Eigentümer; ist jedoch nicht zwingend geboten; die Behörde braucht den Bescheid auch nur gegen einen Eigentümer geltend machen; auch der Besitzer kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 (3) ThürKAG Beitragspflichtiger sein),

·       Nichteinhaltung des Prinzips der Bestimmtheit bei der Bescheiderstellung (für welche Maßnahme wurde der Bescheid erlassen?),

·       Bezweiflung der Richtigkeit der Grundlagen der Abgabenerhebung (formell-rechtliche oder materiell-rechtliche Satzungsmängel etc....), formell-rechtliche Fehler sind meist die Nichteinhaltung des mehrteiligen Satzungsverfahrens nach § 21 ThürKO oder Fehler bei der Veröffentlichung der Satzung; materiell-rechtliche Fehler beziehen sich z.B. auf: Verteilungsmaßstäbe für das Maß und die Art der Nutzung, Eckgrundstücksregelungen, Straßenklassifizierungen, Bemessungsgrundlagen,

·       Fehler bei der Globalberechnung (leitungsgebundenen Einrichtungen) oder bei der Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes und des Beitragssatzes,

·       fehlerhafte Beitragsmaßstäbe,

·       noch nicht entstandene Beitragspflicht (insbesondere bei der Kostenspaltung), wenn die Maßnahme (Teilmaßnahme) noch nicht abgeschlossen oder die Inanspruchnahme der Einrichtung noch nicht möglich ist,

·       Eintritt der Festsetzungsverjährung.

Bei der Begründung der Widersprüche muß kein Beweisverfahren geführt werden. Es ist ausreichend, wenn Zweifel geäußert werden. 

 Hält die Gemeinde (Zweckverband) den Widerspruch für begründet, so hilft sie ihm ab. In diesem Falle wird der angefochtene Beitragsbescheid aufgehoben (Abhilfebescheid). Dem Bescheid kann auch in Teilen abgeholfen werden (Teilabhilfebescheid). Der Teilabhilfebescheid ist zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.

Abhilfebescheide und Teilabhilfebescheide haben festzulegen, wer die Kosten zu tragen hat (§ 72 VwGO).

 Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, besteht sie also auf der Richtigkeit des Bescheides, dann ergeht ein Widerspruchsbescheid. Einen Widerspruchsbescheid in Sachen Beitragsbescheid können Gemeinden und Zweckverbände allerdings nicht selbst erlassen. Sie haben ihn zuständigkeitshalber dem Landratsamt oder dem Thüringer Landesverwaltungsamt (ThürLVA) als Rechtsaufsichtsbehörde (Kommunalaufsicht) zur Entscheidung vorzulegen (§ 73 VwGO).

 Das Landratsamt bzw. ThürLVA kann jedoch nur die Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Widerspruches prüfen, nicht dagegen die Zweckmäßigkeit dieser Entscheidung.

Der Widerspruch sollte in der Regel in einem Zeitraum von drei Monaten entschieden werden. Ist über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage auch ohne Widerspruchsverfahren zulässig (sogenannte Untätigkeitsklage). Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist (§ 75 VwGO)

Kann die Aufhebung oder Änderung des Verwaltungsaktes im Widerspruchsbescheid einen Dritten beschweren, so soll er vor Erlaß des Widerspruchsbescheides gehört werden (§ 71 VwGO).

         

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Kommunalpolitisches Forum Thüringen e.V.


Bürgerinitiative gegen überhöhte Kommunalabgaben im Landkreis Ludwigslust e.V.
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