vom 14.05.02

Abwasser-Skandal - Wie ein Ministerium Bilanztricks anordnete
 
Abwasserzweckverbände in Thüringen haben von ihren Gebührenzahlern über Jahre möglicherweise unrechtmäßig Beiträge in mehrstelliger Millionenhöhe für Altanlagen aus DDR-Zeiten verlangt - und das offensichtlich aufgrund einer Anweisung des Thüringer Innenministeriums.

Die Altanlagen wurden den Zweckverbänden nach der Wende kostenlos überlassen. Als Geschenke, die sie keinen Pfennig gekostet hatten, durften die Anlangen nicht auf die Gebührenzahler umgelegt werden. Dies geht nur bei neuen Anlagen, für die Konkrete Ausgaben veranschlagt werden. Will ein Zweckverband solche Kosten in Form von Gebühren und Beiträgen auf den Bürger umlegen, muss er sie in einer so genannten Globalkalkulation angeben.

Doch im Jahre 1997 bekamen auch die Altanlagen wieder einen Wert und flossen in die Globalberechnungen ein - und zwar durch eine Anweisung des thüringischen Innenministeriums. Dies geht aus einem vertraulichen Rundschreiben des Ministeriums hervor, das der Umschau-Redaktion vorliegt. Darin werden die Abwasserzweckverbände aufgefordert, in der Kalkulation alle "noch genutzten Anlagen zu berücksichtigen. Hierunter fallen auch die Altanlagen."

Ein Beispiel: Der Abwasserzweckverband Sonneberg hat tatsächliche Investitionen von 98Millionen Euro, die er dem Bürger in Rechnung stellen darf. Tatsächlich will er aber 118 Millionen Euro kassieren. Die zusätzlichen 20 Millionen kamen auf Anweisung des Innenministeriums für die Altanlagen in die Bilanz. Dass die Abwassergebühren zu hoch sind, ahnten in Thüringen schon viele. Doch die meisten gaben allein den Zweckverbänden die Schuld. Dass diese sich auf eine Anweisung des Innenministeriums berufen konnten, ahnte dagegen keiner. Erst eine Anwältin und ihr Mann, ein geprüfter Wirtschaftsprüfer, kamen im Auftrag von Bürgergruppen den Bilanztricks auf die Spur.

Der thüringische Innenminister Christian Köckert (CDU) räumte gegenüber der Umschau ein, dass erst eine neue Richtlinie seines Hauses die Vorgehensweise stoppte, bereits bezahlte Anlagen noch einmal in die Kalkulation einzustellen. Alle Zweckverbände seien zudem aufgefordert worden, neue Berechnungen ohne die ungerechtfertigt eingestellten Werte der Altanlagen vorzulegen. Fraglich ist, ob es Erstattungen ungerechtfertigter Gebühren an die Beitragszahler geben wird. Köckert sagte, bei Verbänden, die in der Vergangenheit kostendeckend gearbeitet haben, könnten durch diese Neukalkulation zukünftige Gebührensenkungen möglich sein.

Wir haben für Sie die Adressen von Bürgerinitiativen mit dem Arbeitsschwerpunkt Kommunalabgaben zusammengestellt. Die Liste können Sie hier kostenlos herunterladen.


Bürgerinitiative gegen überhöhte Kommunalabgaben im Landkreis Ludwigslust e.V.
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1. Vorsitzender Dr. Hans-Jürgen Neiding, Gartenstr. 4, 19303 Tewswoos, Tel 038759/3040
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