Hohe Abwassergebühren schrecken
Investoren ab
Rabattverträge für Unternehmen gekündigt /
Achtfach höhere Kosten
Schwerin Kommunen und Zweckverbände setzen
in MV mit zu hohen Wasser- und Abwassergebühren die Ansiedlung
potenzieller Investoren aufs Spiel. Mehr noch: Etablierte Unternehmen in
MV planen inzwischen aufgrund rapide steigender Kosten
Erweiterungsinvestitionen zu stoppen, Kapazitäten und Arbeitsplätze
abzubauen oder gar den Standort zu verlegen.
Von Torsten Roth
Vor Jahren noch hatten Unternehmen mit
wasserintensiver Produktion auf moderate Wasser- und Abwassergebühren in
MV vertraut und auf eigene Anlagen verzichtet. Das könnte ihnen jetzt zum
Verhängnis werden. Während ihnen bislang Rabatte eingeräumt wurden,
werden den Unternehmen von einigen Zweckverbänden jetzt die
Sonderkonditionen gekündigt, erklärte Lothar Wilken, Geschäftsführer
der Vereinigung der Unternehmensverbände MV. Mit verheerenden Folgen.
Weil z. B. im Landkreis Ludwigslust von einigen Unternehmen nach Kündigung
der Rabattverträge nunmehr sieben- bis achtfach höhere Abwasser- und
dreifach höhere Wasserpreise verlangt werden, überlegen die Firmen
inzwischen, möglicherweise ihren Standort zu verlagern und Arbeitsplätze
abzubauen.
"Die vielerorts zu hohen Wasser- und
Abwasserpreise im Land sind zu einem Investitionshemmnis geworden",
kritisierte Wirtschaftsminister Otto Ebnet (SPD) gestern. Während andere
Regionen vor allem in den alten Ländern im Wettbewerb der Standorte bei
Investoren mit geringen Kosten werben, würden Ansiedlungen in MV durch zu
hohe Kosten gefährdet. Gerade für Unternehmen mit wasserintensiver
Produktion spielten konkurrenzfähige Preise eine entscheidende Rolle bei
der Standortentscheidung, appellierte Ebnet an die Zweckverbände.
Nicht ohne Grund: Die Entsorgungskosten weisen in MV
inzwischen erhebliche Unterschiede auf. So wurden 2001 in Westmecklenburg
Abwassergebühren zwischen 3,97 Mark und 8 Mark je Kubikmeter verlangt.
Landesweit sind die Unterschiede noch gravierender. Für die
Schmutzwasserentsorgung werden je Kubikmeter Gebühren zwischen 3,75 Mark
und zwölf Mark in Rechnung gestellt. Die Kosten in MV hätten eine für
Investoren erschreckende Höhe erreicht, meinte Ebnet. Eine vom
Wirtschaftsministerium geförderte Studie des Städte- und Gemeindetages
solle bei den mehr als 80 Abwasserzweckverbänden nun Möglichkeiten der
Leistungssteigerung und Kostensenkungen aufgezeigen.
Das allein wird aber kaum reichen, um Investoren zu
halten. Denn nach wie vor stoßen die von der Wirtschaft geforderten
Sonderkonditionen im Innenministerium auf Gegenwehr. Doch während die
dort angesiedelte Kommunalaufsicht auf die Einhaltung des Abgabengesetzes
pocht und Großkundenrabatte ausschließt, läuft das um Investor ringende
Land Gefahr, Unternehmen und Arbeitsplätze zu verlieren. Reiche das
Kostensenkungspotenzial nicht aus, "brauchen wir eine Gesetzesänderung,
die einen größeren Spielraum zulässt", forderte Ebnet.
Das dürfte auch im Interesse der privaten Haushalte
liegen. Denn mit der derzeitigen Verfahrensweise scheinen sich
Innenministerium und Zweckverbände selbst ein Bein zu stellen. Da viele
Anlagen eigens für so genannte Großeinleiter erweitert wurden, dürfte
mit dem Wegfall von Unternehmen mit wasserintensiver Produktion auch auf
die Privathaushalte eine enorme Kostenwelle zukommen.
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