Aktuelle Hinweise zur Rechtsprechung im Betrags- und Gebührenrecht 1.
Festigung
durch Rechtsprechung 4. Betriebswirtschaftliche Kostenermittlung 5. "Neue betriebswirtschaftliche Theorien" 7.
Entscheidung
Bundesverwaltungsgericht 9.
Noch
keine Berücksichtigung im Gebührenrecht 10.
(Noch)
kein Prüfungserfordernis 11.
Auswahlermessen
betriebswirtschaftlicher Ermittlungsmethode 13.
Ablehnung
Wiederbeschaffungszeitwertmodell 15.
Landesrechtliche
Besonderheit ? 16. Andere Organisationsformen 17.
Gesonderte
Finanzierung / Privatisierung 18.
Eigenbetriebe
/ Verlustvortrag 19.
Anschluss-
und Benutzungszwang ./. privatrechtliche Regelungen 20.
Bestätigende
Rechtsprechung OVG Sachsen 21.
Unterschiedliche
Zielsetzung 24.
Niederschlagswasserbeseitigung 25.
Beschluss
des Bundesverwaltungsgerichts 26.
Unterschiedliche
Auffassungen 28. ...bei der Abwasserbeseitigung 35.
Übertragung
auf / Beauftragung von Dritten 36. Fremdkosten sind gebührenfähiger Aufwand 37.
Wirtschaftlichkeitsprüfung 38.
"Nichtwirtschaftlichkeits-Definition"
ausschlaggebend 40. Öffentliches Auftragswesen 42.
Bieterrechtsschutz
(und Folgen)
1.
Festigung durch Rechtsprechung Das Gebühren- und Entgeltrecht hat sich - hier
insbesondere bei den Einrichtungen der Wasserversorgung und der
Abwasserbeseitigung - im Verlauf der letzten Jahre in der Anwendung und seiner
Praxis gefestigt. Dieses ist insbesondere auf eine Vielzahl von
verwaltungsgerichtlichen Urteilen zurückzuführen, die den kommunalen
Betreibern dieser Einrichtungen somit eine entsprechende rechtssichere Anwendung
dieses Rechts ermöglichten. So hat das OVG Münster deutlich - wenn auch teilweise
sicherlich kritikwürdig - zu den kalkulatorischen
Kosten Stellung bezogen. Für den Einrichtungsbegriff
haben sich weiterhin beispielhaft die auf die Rechtsprechung des OVG Lüneburg
zurückzuführenden deutlichen Aussagen zur Zusammenfassung technisch selbständiger
Anlagenteile - so insbesondere die eindeutigen Entscheidungen zur unzulässigen
Zusammenfassung dezentraler und zentraler Abwasserbeseitigungseinrichtungen -
gefestigt. In der jüngeren Entwicklung haben sich hier aber neue Aspekte abgezeichnet. Diese betreffen insbesondere die Ermittlung kalkulatorischer Kosten und die (vermehrt auftretende) Frage der Organisation dieser Einrichtungen. Damit zusammenhängend wird auch weiterhin die Privatisierung dieser Leistungen sowie der Verzicht auf die Erhebung öffentlichrechtlicher Gebühren zugunsten privatrechtlicher Entgelte diskutiert. Nicht zuletzt sei hier auch auf die neueren Entwicklungen
zur Absetzbarkeit von nicht der Abwasserbeseitigungsanlage zugeführten
Wassermengen bei der Berechnung der Abwassergebühren/-entgelte nach dem
Frischwasserverbrauchsmaßstab hingewiesen.
4. Betriebswirtschaftliche Kostenermittlung Der Gebührenerhebung für die Einrichtungen der
Wasserversorgung und der Abwasser- beseitigung liegen nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermittelnde Kosten zugrunde. Der
betriebswirtschaftliche Kostenbegriff ist in keinem der Kommunalabgabengesetze
der Länder näher definiert. Er ergibt sich somit aus allgemeinen Ansichten und
Auffassungen. Dieses muss aber nicht die herrschende Meinung sein. Den Kommunen steht im Rahmen ihrer Organisationshoheit
hinsichtlich der Wahl bestimmter betriebswirtschaftlicher
Kostenermittlungsmethoden ein (Auswahl-) Ermessen zu. Der
betriebswirtschaftliche Kostenbegriff hat sich insbesondere durch die
obergerichtliche Auslegung und der damit verbundenen Rechtsprechung mit all
seinen Bestandteilen in der Vergangenheit relativ gefestigt und entsprechend
durchgesetzt. Grobe Abweichungen waren kaum noch zu erkennen, bzw. wurden im
Rechtssicherheitsinteresse vermieden. 5.
"Neue betriebswirtschaftliche Theorien" Nunmehr sind der (betriebswirtschaftlichen) Literatur
vermehrt Überlegungen zu "neuen Theorien" zu entnehmen. Diese
zweifeln die bisher praktizierte isolierte Betrachtung kalkulatorischer
Abschreibungen und Verzinsungen des Anlagekapitals an. Nach
betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen stehen beide Kostenarten in einer Abhängigkeit
zueinander. Einfluss hat diese neue Entwicklung insbesondere auf die
derzeit (noch) geltende grundsätzliche Zulässigkeit, den kalkulatorischen
Abschreibungen alternativ sowohl die Anschaffungs- oder Herstellungskosten als
auch den Wiederbeschaffungszeitwert zugrunde zu legen. Diese Wahlmöglichkeit überlassen
die meisten Kommunalabgabengesetze den Einrichtungsbetreibern. Lediglich in
einigen Bundesländern treffen die Kommunalabgabengesetze dahingehend eindeutige
Vorgaben, dass hier die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugrunde zu legen
sind. 7.
Entscheidung Bundesverwaltungsgericht Das Bundesverwaltungsgericht hat anlässlich einer
Beschwerdeentscheidung (Beschluss vom 09.09.1997 - 8 B 185.97 -) zur Frage der
Zulässigkeit und insbesondere der in den Ländern unterschiedlichen Möglichkeiten
einerseits ausgeführt, dass der Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz
hiervon nicht berührt ist. Andererseits hat das Bundesverwaltungsgericht zur
Frage der Zulässigkeit der einzelnen Abschreibungsgrundlagen letztendlich auf
die Oberverwaltungsgerichte der Länder verwiesen, da durch Bundesrecht kein
einheitlicher Gebührenbegriff vorgegeben ist. Die Frage, ob Abschreibungen nach dem
Wiederbeschaffungszeitwert aufgrund des Hinweises der Beschwerdeführung auf die
vorstehenden "neuen betriebswirtschaftlichen Theorien" an sich überhaupt
noch zulässig sind, hat das Bundesverwaltungsgericht nicht eindeutig Stellung
bezogen. Eine Entscheidung hierüber war nicht erforderlich. Wenn überhaupt, hätte
diese Begründung vor dem Tatsachengericht substantiiert unter Beweis gestellt
werden müssen. Von sich aus sah das Bundesverwaltungsgericht keinen
Anlass, dieser Frage nachzugehen. 9.
Noch keine Berücksichtigung im Gebührenrecht In der gebühren- und entgeltrechtlichen Anwendung hat
diese "neue betriebswirtschaftliche Theorie" somit noch keinen oder
nur einen bedingten Eingang gefunden. Diese Überlegungen treten aber vermehrt
auf und wurden erstmalig durch das VG Gelsenkirchen aufgegriffen. Es ist davon
auszugehen, dass diese Auffassungen in der weiteren Zukunft auch in die
obergerichtliche Rechtsprechung einfließen werden, wenn auch die folgende
Rechtsprechung derzeit noch gegenteilig lautet. 10.
(Noch) kein Prüfungserfordernis Eine weitere Entwicklung bleibt hier aber abzuwarten. Zur
Zeit besteht für den einzelnen Einrichtungsbetreiber noch kein Anlass, die
gesamte Kostenermittlung unter diesen Gesichtspunkten zu prüfen oder neu
anzustellen. 11.
Auswahlermessen betriebswirtschaftlicher Ermittlungsmethode Ungeachtet dessen steht es dem kommunalen
Einrichtungsbetreiber mit Blick auf das vorstehend beschriebene Auswahlermessen
aber frei, "seine" betriebswirtschaftliche Kostenermittlungsmethode zu
wählen, solange diese mit den geltenden gesetzlichen Vorgaben in Einklang
steht. Bereits im Jahr 1995 hat das VG Gelsenkirchen versucht,
dieser neuen Theorie zur Abhängigkeit der kalkulatorischen Verzinsung zur
Abschreibung Rechnung zu tragen. Es entwickelte (ohne dies hier im Detail
darzustellen, siehe insofern Kapitel 9/4.2.10) das
"Anschaffungswertmodell" und das
"Wiederbeschaffungszeitwertmodell", nach denen alleinig eine
Ermittlung der kalkulatorischen Kosten erfolgen dürfte. Noch im gleichen Jahr
widersprach das OVG Münster und hat das Wiederbeschaffungszeitwertmodell als
unzulässig zurückgewiesen. 13.
Ablehnung Wiederbeschaffungszeitwertmodell Ein erneuter Vorstoß des VG Gelsenkirchen folgte mit
Urteil vom 09.10.1997, der sich das OVG Münster gleichfalls nicht anschließen
konnte. Unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung hat das OVG ausgeführt,
dass es keine betriebswirtschaftlichen Grundsätze gäbe, die eine
kalkulatorische Verzinsung zum Realzinssatz auf der Grundlage eines
Wiederbeschaffungszeitwertes vorschreiben oder zulassen. Damit ist das
Wiederbeschaffungszeitwertmodell von vornherein unzulässig. Dieser Umstand führt jedoch nicht dazu, dass damit
zwingend das Anschaffungswertmodell zur Anwendung gelangt. Dieses entspricht
zwar den grundsätzlichen Anforderungen, die mit dem kommunalabgabenrechtlich
vorgeschriebenen Begriff "betriebswirtschaftliche Grundsätze" in
Einklang stehen, da es sich hier um eine mit Gewicht vertretene Lehrmeinung
handelt, und ist damit grundsätzlich zulässig. Es ist aber nicht alleinig zulässig. Die alleinige Heranziehung des
"Anschaffungswertmodells" würde den Regelungen der KAG
entgegentreten, die auch eine Bemessung der Abschreibungen nach dem
Wiederbeschaffungszeitwert zulassen. Daraus resultiert für den
Einrichtungsbetreiber eine Ermessensfreiheit zur Wahl der
Abschreibungsgrundlage. Diese ist auch zulässig, d.h. die gesetzlichen
Grundlagen stehen nicht zur Disposition, da auch die Verwendung von
Wiederbeschaffungszeitwerten in der Kostenrechnung in der
Betriebswirtschaftslehre nach wie vor als richtig anerkannt ist (mit Gewicht
vertretene Lehrmeinung). Dies hat zur Folge, dass das Anschaffungswertmodell zwar
zulässig ist, aber nur als eine von mehreren Möglichkeiten - nicht aber als
zwingende Vorgabe - in Betracht zu ziehen ist. 15.
Landesrechtliche Besonderheit ? Weitergehende Rechtsprechung aus anderen Bundesländern
ist hierzu nicht bekannt. Es bleibt daher abzuwarten, ob sich nicht für
einzelne Bundesländer eine zur Rechtsprechung des OVG Münster abweichende
Auffassung ergibt. Dies ist jedoch aufgrund der insgesamt, d.h. bundesweit geführten
"betriebswirtschaftlichen Diskussion" nicht zu erwarten. Es handelt
sich eben nicht um eine landesrechtliche Besonderheit, so dass die
Rechtsprechung des OVG Münster durchaus auf alle anderen Bundesländer übertragen
werden kann. Eine Ausnahme bilden hier selbstverständlich die Bundesländer, in
deren Kommunalabgabengesetzen der Anschaffungswert als Abschreibungsbasis
zwingend vorgeschrieben ist. 16. Andere OrganisationsformenInsbesondere wegen der derzeit schlechten finanziellen
Situation der Kommunen werden vermehrt Überlegungen hinsichtlich anderer
Organisationsformen der Einrichtungen der Abwasserbeseitigung und der
Wasserversorgung angestellt. Eine Änderung der hergebrachten Regiebetriebe ist
regelmäßig das Ziel. 17.
Gesonderte Finanzierung
/
Privatisierung Damit einhergehend stehen auch Finanzierungsfragen sowie
die gegebenenfalls mögliche Erhebung privatrechtlicher Entgelte (die allerdings
auch für Regiebetriebe möglich sind) in Verbindung. Hier befindet sich das Gebührenrecht in einer
Umbruchphase. So ist regelmäßig die Absicht offenkundig, diese (und auch
andere) Einrichtungen aus dem Gesamthaushalt und damit dem Gesamtdeckungsprinzip
herauszulösen. Welche Möglichkeiten und Ansätze hierzu bereits praktiziert
werden, bzw. möglich sind, soll hiermit aufgezeigt werden. 18.
Eigenbetriebe
/
Verlustvortrag Die Rechtsprechung nimmt verstärkt auch zu
privatrechtlichen Ausgestaltungen von Benutzungsverhältnissen Stellung. So hat
unlängst das OVG Münster mit Urteil vom 3. Februar 1997 festgestellt, dass die
Regelungen über den Ausgleich von Kostenunterdeckungen auch bei nach der
Eigenbetriebsverordnung geführten Betrieben/Einrichtungen gelten. Eine
Abweichung, die zwar generell nach der Eigenbetriebsverordnung zulässig wäre
(Verlustvortrag), greift hier eben nicht, da das Eigenbetriebsrecht als
abgeleitete und damit gegenüber dem Kommunalabgabenrecht nachrangige
Rechtsgrundlage nicht den kommunalabgaberechtlichen Grundsätzen zuwider laufen
darf. 19.
Anschluss- und Benutzungszwang ./. privatrechtliche Regelungen Von besonderem Interesse ist bei allen Privatisierungsüberlegungen,
bzw. Absichten, ein privatrechtliches Entgelt zu erheben, in der heutigen
Rechtsprechung das Verhältnis öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung des
Anschlussverhältnisses (Anschluss- und Benutzungszwang) zu einer möglichen
Erhebung privatrechtlicher Entgelte für die laufende Inanspruchnahme der
Einrichtung. 20.
Bestätigende Rechtsprechung OVG Sachsen Hier hat sich - wenn auch gegenteilige Auffassungen in
der Literatur behandelt werden - insbesondere durch die Rechtsprechung des OVG
Sachsen eine Vereinbarkeit eines öffentlich-rechtlich durchsetzbaren Anschluss-
und Benutzungszwangs mit einer möglichen Erhebung privatrechtlicher Entgelte
herausgestellt. 21.
Unterschiedliche Zielsetzung Das OVG Sachsen hat dabei auf die unterschiedlichen
Zielsetzungen des Anschluss- und Benutzungszwanges als gefahrenabwehrrechtliches
Instrument einerseits und die lediglich inhaltlich ein Benutzungsverhältnis
regelnden privatrechtlichen Benutzungs- oder Entsorgungsbedingungen abgestellt
und diese voneinander getrennt. Nach Auffassung des OVG Sachsen stehen beide
nicht unmittelbar zueinander in Verbindung, bzw. seien voneinander trennbar. Es
handele sich eben nicht um einen untrennbaren Vorgang zwischen
gefahrenabwehrrechtlicher Anordnung und der Regelung des Benutzungsverhältnisses. Diese Rechtsauffassung muss jedoch zwischenzeitlich
(wieder) überdacht werden. Sie findet zumindest nicht für alle Bundesländer
eine Rechtfertigung. So hat das OVG Lüneburg - nahezu erwartungsgemäß -
dieser mit Urteil vom 10.12.1996 durch das OVG Sachsen gefassten Rechtsprechung
- zumindest für Niedersachsen - widersprochen und eben im Anschluss an eine
eigene Rechtsprechung aus dem Jahr 1973 nunmehr erklärt, dass
(privatrechtliche) Allgemeine Benutzungsbedingungen, die die Regelungen einer
Abwasserbeseitigungssatzung konkretisieren, eben nicht unmittelbar zulässig
sind und über die Abwasserbeseitigungssatzung Anwendung finden. Im Ergebnis ist daher die Satzung für die
Rechtswirksamkeit der (privatrechtlichen) Allgemeinen Benutzungsbedingungen
nicht konstitutiv. Vorstehende unterschiedliche Auffassungen werden im
Zusammenhang mit der Behandlung des Einrichtungsbegriffs, bzw. möglicher
Organisationsformen in den Kapiteln 6/6.2.4 und 8/6 sowie in dem das
privatrechtliche Entgelt regelnden Teil 5 (Kapitel 5/ 5.2) dargestellt und ausführlich
erörtert. Der Grundsatz der Bestimmtheit ist für das Satzungsrecht
von beachtlicher Bedeutung. Probleme bereiten immer wieder einzelne
Formulierungen, die - so klar sie auch auf Anhieb erscheinen mögen - in der
kommunalen Praxis zu Schwierigkeiten führen. 24.
Niederschlagswasserbeseitigung Anerkannter Maßstab für die Erhebung von Gebühren für
die Niederschlagswasserbeseitigung ist der Maßstab der "bebauten oder
befestigten Grundstücksfläche". Gerade hier sind jedoch ungenaue
Satzungsformulierungen nicht selten. So hat das OVG Münster mit Urteil vom 28.
April 1997 dargelegt, dass neben der vorstehenden Begriffskombination
gleichfalls der Begriff "befestigte Grundstücksfläche" zutreffend
sei. Dem entgegen widerspricht der lediglich verwendete Begriff "bebaute
Grundstücksfläche" dem Bestimmtheitsgrundsatz. 25.
Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts Die konkreteste Auswirkung auf das Gebührenrecht in der
kommunalen Praxis war in der jüngeren Vergangenheit durch den Vorlagebeschluss
des Bundesverwaltungsgerichts zu den absetzbaren Wassermengen bei den nach dem
Frischwasserverbrauchsmaßstab ermittelten Abwassergebühren zu verzeichnen. 26.
Unterschiedliche Auffassungen Die zwischenzeitlich "gekippte" 60-cbm-Grenze
wurde in der Gesamtheit noch nicht abschließend entschieden. So sehen einige
Gerichte und Obergerichte keine Berechtigung für eine solche Grenze mehr. Dem
entgegen wird andererseits an einer - wenn auch wesentlich niedrigeren - Grenze
festgehalten. Diese Thematik wird die Verwaltungs- und
Oberverwaltungsgerichte sicherlich noch einen gewissen Zeitraum beschäftigen.
Eine abschließende Entwicklung - die derzeit tendenziell auf den Wegfall
jeglicher Grenzen hinweist - bleibt also abzuwarten. Die hierzu jüngst
ergangene Rechtsprechung wird in Teil 10 dargestellt. Die Wasserversorgung ist seit jeher nach den
steuerrechtlichen Bestimmungen als Betrieb gewerblicher Art zu beurteilen. Diese
Einrichtungen unterliegen damit vollständig dem für diese Betriebe geltenden
steuerlichen Vorschriften. Dazu gehören auch die umsatzsteuerrechtlichen
Vorschriften. Bei der Wasserversorgung ist dies unabhängig von der Tatsache zu
beurteilen, ob diese Einrichtung in öffentlich-rechtlicher oder
privatrechtlicher Form geführt wird. Sie sind in jedem Fall
umsatzsteuerpflichtig. Damit steht diesen Einrichtungen auch die Möglichkeit
des Vorsteuerabzugs zu, da sie u. a. auch umsatzsteuerpflichtig sind. 28.
... bei der Abwasserbeseitigung Anders sieht dies bei der Abwasserbeseitigung aus. Sofern
die Abwasserbeseitigung in öffentlich-rechtlicher Form ausgestaltet ist, fällt
sie nicht unter diese Vorschriften. Dem entgegen sind (und bleiben)
privatrechtlich geführte Abwasserbeseitigungseinrichtungen nach den sie
betreffenden steuerrechtlichen Vorschriften steuerpflichtig, somit auch
umsatzsteuerpflichtig. Es besteht somit zwischen den öffentlich-rechtlich und
den privatrechtlich geführten Einrichtungen der Abwasserbeseitigung eine
steuerlich unterschiedliche Behandlung. Diese resultiert aus den (bisher
geltenden) Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes, nach denen die
Abwasserbeseitigung eine hoheitliche Aufgabe ist. 30.
Rechtsprechung Bundesfinanzhof (BFH) Mit dem Ziel einer steuerlichen Gleichbehandlung lag dem
Bundesfinanzhof neuerlich ein Fall aus Brandenburg zur Entscheidung vor. Dieser
bezog sich aber auf die bisher geltende Rechtslage des Wasserhaushaltsgesetzes
aus 1993. Es blieb somit letztendlich im Interesse einer steuerlichen
Gleichbehandlung bei einem enttäuschenden Urteil, da der Bundesfinanzhof an der
bisherigen Auffassung auf der Grundlage des in 1993 geltenden
Wasserhaushaltsgesetzes festhielt. Der Bundesfinanzhof ließ aber offen, ob diese
Entscheidung bei Zugrundelegung des nunmehr geltenden Wasserhaushaltsgesetzes so
noch möglich wäre. Das Wasserhaushaltsgesetz räumt in dem neuen § 18 a
Absatz 2 a nunmehr eine Drittübertragungsmöglichkeit der
Abwasserbeseitigungspflicht ein. Den Ländern steht es somit frei, die - grundsätzlich
bei den Gemeinden liegende - Abwasserbeseitigungspflicht dahingehend zu regeln,
bzw. den Kommunen eine Wahlfreiheit zu überlassen, diese auf private Dritte zu
übertragen. Damit entfällt nach bisheriger Auffassung auch die der
vorstehenden Rechtsprechung zugrunde liegende These, dass die
Abwasserbeseitigung ausschließlich eine öffentliche Aufgabe sei. Dieses kann, bzw. wird dann Auswirkungen auf die
Steuerpflichten haben (vom BFH bewusst offen gelassen). Eine steuerliche Gleichbehandlung zwischen privaten und
öffentlich-rechtlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen würde (nach
herrschender Auffassung) den Weg für mehr Wettbewerb im Kosteninteresse aus
Sicht des Nutzers der Einrichtung, d. h. für Kosteneinsparungen ebnen. Die Kommunalabgabengesetze - oder richtiger die
Kommunalverfassungen - der Länder stellen die Entscheidung, wie das
Benutzungsverhältnis für die Einrichtungen der Wasserversorgung und der
Abwasserbeseitigung geregelt wird, in das ortsgesetzgeberische Ermessen. Die Kommunen haben somit die Wahl zwischen verschiedenen
denkbaren Ausgestaltungen des Benutzungsverhältnisses und damit einhergehend
auch der Organisationsform der Einrichtung. Diese Entscheidung hat jedoch den
gesetzlichen Grundlagen zu entsprechen. So ist insbesondere dem Umstand Rechnung
zu tragen, dass die Abwasserbeseitigung im Gegensatz zur Wasserversorgung nach
wie vor als nichtwirtschaftliches Unternehmen definiert ist. Damit sind für die
Abwasserbeseitigung eben nicht alle möglichen Organisationsformen möglich.
Vielmehr sind die kommunalverfassungsrechtlichen Spielräume einzuhalten. Die Privatisierung der Einrichtungen der Wasserversorgung
und der Abwasserbeseitigung - insbesondere mit Blick auf die Organisationsform -
ist daher unterschiedlich zu betrachten. Während die Wasserversorgung - mit
Ausnahme weniger Bundesländer - eben keine Pflichtaufgabe der Kommune
darstellt, ist dies bei der Abwasserbeseitigung der Fall. 35.
Übertragung auf
/
Beauftragung von Dritten Besonders deutlich wird dies in der hierzu und dabei
insbesondere zur Übertragung der Abwasserbeseitigung (also der Pflichtaufgabe)
auf private Dritte jüngst ergangenen Rechtsprechung, die bei privaten Ver- und
Entsorgungsunternehmen auf heftige Kritik gestoßen ist. Dabei wurde die organisationsrechtliche Privatisierung in
einem verwaltungs- und sich anschließenden oberverwaltungsgerichtlichen
Verfahren (hier zum schleswig-holsteinischen Recht, das aber in diesem Punkt mit
nahezu allen Bundesländern verglichen werden kann) aufgrund der rechtlichen
Voraussetzungen in Zweifel gezogen. 36.
Fremdkosten
sind
gebührenfähiger Aufwand Gegenstand des zum Abfallgebührenrecht ergangenen, auf
die Abwasserbeseitigung aber übertragbaren, Urteils des OVG Schleswig waren die
Kosten, die für die Übertragung der Durchführung der Aufgabe auf einen
privaten Dritten, einer Kostenart also, die hinlänglich und auch hier als
Fremdkosten/Fremdleistungen bezeichnet werden. Das OVG Schleswig hat mit Urteil vom 24.06 1998 zunächst
grundsätzlich entschieden, dass Kosten der Fremdleistungen grundsätzlich als
gebührenfähiger Aufwand in die Kalkulation eingestellt werden dürfen, soweit
die Inanspruchnahme des Dritten zur Erfüllung der Pflichtaufgabe erforderlich
und nicht mit überflüssigen Kosten verbunden ist. 37.
Wirtschaftlichkeitsprüfung
und Vergabegrundsätze Um auch diesen Kriterien Stand halten zu können,
schreibt das OVG Schleswig grundlegend vor, dass die zu der Aufgabe
verpflichtete Körperschaft zunächst zu prüfen hat, ob sie die Leistung in
Eigenregie nicht kostengünstiger und wirtschaftlicher erfüllen kann. Insofern
ist eine Wirtschaftlichkeitsprüfung anzustellen. Dazu - im Grunde logisch ergänzend - gelangt das OVG
Schleswig analog anderer Oberverwaltungsgerichte, die allerdings nicht einen
derart strengen Maßstab wie nunmehr das OVG Schleswig in dem hier erwähnten
Urteil anlegen, zu der (nicht neuen) Auffassung, dass der Vergabe von Aufträgen
an private Unternehmen grundsätzlich eine öffentliche Ausschreibung
vorhergehen muss. Dies gilt auch für den Fall, dass die Vergabe im freihändigen
Weg an einen privaten Dritten erfolgen soll, dessen Mehrheitsanteile in der Hand
der die Einrichtung betreibenden Körperschaft liegen. Zur Begründung des Urteils wurde umfassend auf die
kommunalverfassungsrechtlichen Vorschriften verwiesen, deren zufolge die
Abfallbeseitigung - gleichermaßen die Abwasserbeseitigung - eben kein
wirtschaftliches Unternehmen darstellt. 38.
"Nichtwirtschaftlichkeits-Definition" ausschlaggebend Das OVG Schleswig hat damit einen sich aus der derzeit
bestehenden Gesetzessystematik ergebenden Umstand aufgedeckt, dass zwischen dem
Privatisierungsgedanken im Bereich des Betriebs der hier zur Rede stehenden
Einrichtungen und damit einem wirtschaftlicheren und effizienteren Betrieb
einerseits und den kommunalrechtlichen Bestimmungen andererseits erhebliche
Missstände bestehen. Diesen - im vorstehenden Sinn - nicht tragbaren Umstand
kann nur der Landesgesetzgeber Rechnung tragen. Durch eine Wandlung der
kommunalverfassungsrechtlichen Definition der Einrichtungen der Daseinsvorsorge
als nichtwirtschaftliche Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise
- wie dies für die Abwasserbeseitigung aufgrund der gleichfalls im Grunde noch
entgegenstehenden Regelung des Wasserhaushaltsgesetzes eigentlich möglich sein
müsste - könnte diesem Umstand abgeholfen werden. 40.
Öffentliches Auftragswesen Durch vorstehende Betrachtungsweise und die hier
genannten Urteile - aber nicht erst seitdem - ist mit Blick auf die
Kostenermittlung den Grundsätzen für die Vergabe öffentlicher Aufträge im
Gebühren- und Entgeltrecht eine gesteigerte Bedeutung zugekommen. In diesem Zusammenhang ist es jedem Einrichtungsbetreiber
daher zwingend zu empfehlen, sich umfassend mit dem Vergaberecht als solches,
d.h. die bisher nach den haushaltsrechtlichen Grundsätzen anzuwendenden
Verdingungsordnungen (Regelungen der VOB/A und der VOL/A), als auch mit den
umfassenden Änderungen, die sich aus der Umsetzung des EU-Rechts durch das zum
01.01.1999 in Kraft getretene Vergaberechtsänderungsgesetz, bzw. des Gesetzes
gegen Wettbewerbsbeschränkungen ergeben, zu befassen. 42.
Bieterrechtsschutz (und Folgen) Durch die nunmehr geltenden EU-Regelungen, d. h.
Regelungen für Vergaben oberhalb der jeweiligen Schwellenwerte, wurde ein
umfassender Bieterrechtsschutz eingeführt. Dieser kann dazu führen, dass die
Ausführung geplanter/beabsichtigter Vorhaben, so insbesondere Bauvorhaben,
erheblich gehemmt wird. Weiterhin können sich aus dem neu eingeführten
umfassenden Bieterrechtsschutz erhebliche finanzielle Folgen aus
Schadensersatzansprüchen ergeben. Wir
gestatten uns, auf ein weiteres Material des KOPOFOR zur Rechtsprechung
„Rechtsmittelverfahren gegen Abgabebescheide, Rechtsprechung zu ausgewählten
Problemen des Abgabenrechtes“ (Stand 01.12.99) zu verweisen. Es kann über die
Geschäftsstelle des KOPOFOR bezogen werden. Zu
einem späteren Zeitpunkt werden die verschiedenen Materialien zusammengefasst. Frank
Kuschel Geschäftsführer Kommunalpolitisches Forum Thüringen e.V. |
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