Rede vor dem deutschen Bundestag Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland
Redner/in: Bärbel Grygier
Bärbel Grygier (PDS): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Wasser hier vorne am Redepult und das Wasser überhaupt verdienen heute Abend vielleicht noch drei Minuten Aufmerksamkeit, denn morgen ist Weltwassertag.
Ich denke, mit dem vorliegenden Antrag der Koalition sowie mit der Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes, über die morgen beraten werden soll, ist dieser Weltwassertag ein guter für dieses Land oder könnte es zumindest sein.
Dass dieser Antrag eine sehr schwere Geburt hatte, wissen die Kollegen der SPD sicher besser als ich, denn hinter der Kulissen haben sehr viele gespielt, gezerrt, gezogen und geschoben. An dieser Diskussion war auch das Netzwerk „Unser Wasser" - eine sehr rührige NGO, bestehend aus Umweltverbänden, Gewerkschaften und Kirchen - beteiligt. Uns gegenüber stand wieder einmal die Wirtschaft mit ihrem Minister, der das Motto vertritt: Liberalisierung um jeden Preis. Wir müssen feststellen: Niemand kann derzeit daran vorbei, dass sich die Bundesrepublik mit ihren überwiegend dezentralen und auch kommunalen Strukturen flächendeckend durch eine sehr hohe Versorgungssicherheit und eine außerordentliche gute Trinkwasserqualität auszeichnet. Diese hält im Übrigen allen internationalen Vergleichen stand, auch im Hinblick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis.
Ich bin auch froh darüber, dass in der Diskussion der § 103 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erhalten geblieben ist und somit die Ausnahmen zugunsten geschlossener Versorgungsgebiete weiter bestehen bleiben. Der Koalitionsantrag erkennt nunmehr an, dass der Wettbewerb am Markt keine günstigeren Preise erzielen und auch die Verbraucher- und Verbraucherinnensicherheit nicht weiter verstärken kann. Der Antrag stellt sich auch endlich hinter das Gutachten des Umweltbundesamtes, das die Risiken einer Liberalisierung des Wassermarktes für Verbraucher und Umwelt nachgewiesen hat.
- Manchmal glaube ich schon einem Amt. Ich habe damit einige Jahre Erfahrung.
Skeptisch betrachten wir allerdings das Bemühen der umsatzsteuerlichen Gleichstellung der Wasser- mit der Abwasserversorgung in diesem Antrag. Aus unserer Sicht wäre dies ein Türöffner zu einer leichteren Privatisierung. Die Forderung zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Bereich lehnen wir ab. Denn profitieren würden ausschließlich die ganz Großen wie Eon - das wurde eben bereits erwähnt -, RWE und Co., aber leider nicht der kleine niedersächsische Wasserverband.
Ich meine schon, dass die Großen ihre Expansionen selber bezahlen sollten. Denn sie streichen auch enorme Gewinne ein.
Schon jetzt verdienen sie im Wasserbereich unverschämt. Ich bezeichne das deswegen als unverschämt, weil das Wassergeschäft selbst nach RWE-Schätzungen in den Jahren 2001/2002 nur einen Umsatzanteil von 3 Prozent ausmachen, aber mit 20 Prozent zum Betriebsergebnis beitragen wird. Ich meine, dass es sich lohnt, noch einmal darüber zu reden. Diese Zahlen sprechen für sich. Wir empfehlen allen Kommunen - ich sage dies auch aus der Sicht der Kommunalpolitikerin, die ich bis vor vier Wochen war -, sich dreimal zu überlegen, ob sie ihre Wassersparte wirklich in private Hände legen sollen.
Wir halten ansonsten das klare Bekenntnis zu einer kommunalen und modernen Wasserversorgung sowie gegen eine Liberalisierung und Privatisierung für zentrale Punkte in diesem Antrag. Wir unterstützen ihn nicht nur, sondern werden dem Antrag genauso wie der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes zustimmen. Danke.
Vizepräsidentin Anke Fuchs: Frau Kollegin Grygier, das war Ihre erste Rede im Bundestag. Ich gratuliere Ihnen im Namen des ganzen Hauses.
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