Ludwigsluster Tageblatt 22.03.2003

Leserbrief zum Thema "Müllerverbrenungsanlage in Techentin"

Unvorhersehbare Folgen für die Region

Der Landkreis Ludwigslust plant bereits ab Oktober 2003 den
Bau einer nur zu 50 Prozent ausgelasteten
Müllverbrennungsanlage in Techentin. Die restlichen 25.000
Tonnen jährlich sollen aus den umliegenden Landkreisen und
darüber hinaus zusammenholen. Wird die schöne alte Lindenstadt
also bald zur Müllmetropole des Ostens? Statt Touristenbussen
drängeln sich dann Müllwagen aus ganz Norddeutschland in der
Mittagspause um den Schlosspark?


Die MVA wird  unvorhersehbare Folgen für die gesamte Region
haben und die Schutzgüter Gesundheit und Umwelt auf Jahrzehnte
belasten. Ärzte, Ökologen und andere Fachleuten warnen seit
Jahren in der Bundesrepublik vor den Gefahren dieser Anlagen.
Technische Richtlinie sind daran orientiert, was Technik zu
leisten vermag. Sie garantieren aber nicht die gesundheitliche
Unbedenklichkeit. Es ist unverantwortlich, wenn noch nicht
einmal dieser sogenannte "Stand der Technik" angewandt,
sondern auf technisch mögliche Filterverfahren verzichtet
wird, nur um die immens hohen Kosten zu sparen.


Die Bürgerinitiative gegen überhöhte Kommunalabgaben im
Landkreis Ludwigslust e.V. hat - wie auch andere
Organisationen und Umweltverbände - Einsicht genommen in die
öffentlich ausgelegten Antragsunterlagen. Zwölf prallvolle
DIN-A-4-Ordner sollen den Anschein von Seriosität wecken und
den verunsicherten Bürger beruhigen, der sich selbst einmal
ein Bild von den Dimensionen dieses millionenschweren
Projektes machen möchte. Hochbezahlte Gutachter und Planer
haben sehr viel Arbeit in dieses Werk gesteckt. Aber wie
kann man die Nadel im Heuhaufen finden, wenn ohnehin klar ist,
dass diese gar nicht dort versteckt ist? Scheinbar fehlen
wichtige Unterlagen, z.B. zu möglichen Störfällen, die trotz
moderner Technik immer wieder auftreten können und werden. Der
Antragsteller, RWE Umwelt GmbH Mecklenburg-Vorpommern, eine
Tochter des großen Energiekonzerns, räumt in der
Kurzbeschreibung der Anlage selbst ein: "Zu beachten ist, dass
auch unterhalb bekannter Grenz- oder Richtwerte Wirkungen auf
biologische Systeme nicht mit Gewissheit auszuschließen sind.
Über synergetische Effekte und Langzeitwirkungen von
Schadstoffen, die - für sich alleine betrachtet - in
vermeintlich "nicht relevanten" Konzentrationen vorhanden
sind, liegen bisher keine wissenschaftlich gesicherten
Erkenntnisse vor."


Deshalb wehren sich viele Bürgerinnen und Bürger gegen den Bau
dieser überdimensionierten Müllofens, zumal es mit der
Müllsortierung und anschließender mechanisch- biologischen
Abfallbehandlung auch durchaus sinnvollere Alternativen gibt.
Außerdem schaffen sie sicherlich mehr Arbeitsplätze in der
Region und Platzangebote gibt es im aussterbenden Landkreis
ohnehin mehr als genug. Der Bedarf für ein großstädtisches
Heizkraftwerk mit Fernwärme ist an dem Standort in Techentin
bislang jedenfalls nicht gegeben. Die eingesammelten
Müllmengen umweltbewußter Menschen werden künftig weiter
zurückgehen und die hiesige MVA in Zukunft nicht ausgelastet
sein, wie viele andere in Deutschland schon jetzt. Die
heutigen Müllgebühren sind nach den laufenden Verträgen
nur für relativ kurze Zeit ( 5 Jahre) garantiert.


Wer verdient denn nun wirklich an diesem Projekt und welche
"Provisionen" fließen in die Taschen mancher
Entscheidungsträger? Wer das Buch "Collonia Corrupta" von
Werner Rügemer über den Parteispendenskandal, Globalisierung,
Privatisierung und Korruption im Schatten des Kölner Klüngels
gelesen hat, zieht unweigerlich Vergleiche zu dem, was jetzt
hier in Ludwigslust geschieht, zumal dort auch die RWE hinter
den Scheinfirmen steckte. Gewissenlose Geschäftemacher der
multinationalen Konzerne haben auch hier in Mecklenburg
saubere Arbeit geleistet. Hochglanzbroschüren und
Ämterbereisungen der RWE-Manager zur Bewusstseinsbildung von
Politik und Verwaltung haben ihr Ziel nicht verfehlt.


Bürgerinitiativen und Umweltverbände sammeln noch bis Sonntag
im Landkreis Ludwigslust Unterschriften gegen die unnötige
Müllverbrennungsanlage. Aber auch wenn sich viele Menschen
dagegen wehren, können sie den Bau überhaupt noch verhindern?
Wer hört schon auf die wenigen Warnrufe, wenn wir im Lande und
in der Welt ganz andere Probleme haben. Und die meisten Leute
wachen ohnehin erst auf, wenn sie persönlich zur Kasse gebeten
werden.

 


Bürgerinitiative gegen überhöhte Kommunalabgaben im Landkreis Ludwigslust e.V.
Spenden-/ Vereinskonto Nr. 1530 000 994, Kreissparkasse Ludwigslust, BLZ 140 520 00