Kanalisation gefährlich bei Überschwemmungen 

Leserbrief zur derzeitigen Wetterlage und dem „Abwasser“

 

 

Seit Jahren warnen verantwortliche Klimaforscher, vor den Folgen der Erderwärmung. Nach Aussage   des Instituts für Klimafolgenforschung Potsdam wird sich das Klima in Brandenburg in den nächsten 20 - 30 Jahren mit ziemlicher Sicherheit um mehr als nur ein Grad erwärmen. Das eigentliche Problem liegt dabei in der Zunahme der Extremsituationen zwischen Hitzewellen und Niederschlägen. Jedes Schulkind weiß ja, warme Luft nimmt mehr Wasser auf. Seit ca. 6 Wochen folgt nun ein Unwetter dem anderen. Weite Landstriche in Deutschland werden zum Teil tagelang großflächig überflutet. Auf allen Fernsehkanälen sieht man all abendlich, wie die Wassermassen die Gullydeckel ausheben. Fassungslos stehen der Bundeskanzler und andere Politiker vor den Zerstörungen, die die Gewalt der Flüsse in den Ortschaften anrichtet. Selten hören wir in der Berichterstattung über die Situation auf Kläranlagen. Wir wissen aber, dass sie bei solchen Extremen nicht sachgerecht arbeiten. Zudem liegen sie alle in den Flußauen.

 

Betrachtet man die Funktion von End-off-pipe-Systemen (Abwasserkanäle, Überleitungen und Zentralkläranlagen) unter Stoffstrombedingungen, wird klar, dass alle Bemühungen, Abwasser zu sammeln, zu transportieren und auf der Zentralkläranlage zu reinigen bei Extremhochwasser sich ins Gegenteil verkehren. Rück- und Überstau verfrachten die mit äußersten Anstrengungen gesammelten Schadstoffe unkontrolliert in die Fläche. Die hohen Kosten der letzten Jahre zur schadlosen Ableitung von Abwasser werden innerhalb von wenigen Tagen zunichte gemacht. Eine gigantische Umweltverschmutzung und Kapitalvernichtung, die öffentliche Institutionen offensichtlich nicht interessiert.

 

Unter diesen Umständen wird klar, dass die zentrale Kanalisation auf dem flachen Land fatale Auswirkungen und überhaupt  nichts zu suchen hat. Eine Vielzahl engagierter Bürger versuchen, den Kanalisationswahn abzuwehren und dafür kostengünstige und umweltfreundliche Lösungen voranzubringen. Bisher war es so, dass der der eine  leistungsfähige Grundstückskläranlage oder gar ein abwasserfreies Grundstück errichten wollte, sich wegen weniger Milligramm, angeblich die Umwelt belastende Schadstoffe, sich mit dem Zweckverband (der keinen (Zwangs-)Kunden verlieren will), der Unteren Wasserbehörde und dem Bauamt herumplagen musste. Jetzt könnten die Fäkalien vor dem Landratsamt auf der Straße schwimmen, weil die Kanalisation die Wassermassen nicht mehr aufnehmen kann. Es rührt keinen.

 

Ich weiß, dass grundstücksbezogene Klärtechnik diese Klimaentwicklung nicht kompensieren kann. Ich sehe aber einen großen Unterschied, ob die Dörfer des trockenen Landes Brandenburg der (Zwangs-)Entwässerung unterliegen, oder durch Aufbau kleiner Wasserkreisläufe zur Schonung der Trinkwasserressourcen und zum Schutz vor Abschwemmungen beitragen. Es ist besser, einen Schritt in die richtige Richtung zu tun, als auf dem falschen Weg die Abflussgeschwindigkeit durch absolute Zentralkanalisation zu erhöhen.

 

Ein Blick über den Tellerrand: Das Dezentralisationsprinzip wird sich auch in innerstädtischen Gebieten durchsetzen. In Japan, Kanada, USA, Südkorea gibt es so etwas. Wer in Tokio mehr als 3.000 m² (Grund-)Fläche bebaut oder mehr als 10.000 m² (Wohn-) Fläche errichtet, muss das anfallende Wasser zu 100 % recyceln, sonst bekommt er keine Baugenehmigung. Seit 1984 wurde z.B. In Fukuoka City mit der Nutzwassergewinnung aus Abwasser begonnen. Inzwischen sind es be­reits 170 Gebäude auf 7,7 qkm innerstädtisches Gebiet. Es werden täglich 6.300 m3 Abwasser recycelt und im Haus wieder verwertet. Die Kapazität beträgt täglich ca.8.800 m3 Nutzwassergewinnung aus "Abwasser". Hier ist kein Anschluss- und Benutzerzwang notwendig, denn das Wasserrecycling ist billiger als frisches Trinkwasser. (stark gekürzt, siehe www.bmu.de und www.fzk.de.) WARUM soll dass, was bei Glas, Textilien, Holzabfälle, Papier, Erdstoffen, Baureststoffen (Beton, Asphalt usw.), Neonlampen, Metalle usw. seit z.T. Jahrzehnten funktioniert, nicht auch beim Schmutzwasser funktionieren?

 

Wird weiterhin festgehalten an den überholten Modellen klassischer Siedlungswasserwirtschaft, hat Brandenburg mal eine recht „trockene" und mal eine recht „nasse“, in jedem Fall aber teure Zukunft, für uns, die Kinder und die Enkelkinder.

 

Uwe Hofrichter

 

Bürgerinitiative gegen überhöhte Kommunalabgaben im Landkreis Ludwigslust e.V.
Spenden-/ Vereinskonto Nr. 1530 000 994, Kreissparkasse Ludwigslust, BLZ 140 520 00